Einsatz- & Erfahrungsbericht – Waldbrand “Groß”
Cölbe Schönstadt | 19.07.2022

Am von veröffentlicht.

Alarmdaten:

📆 19.07.2022
🔔 22:00 Uhr
📌 Cölbe Schönstadt

🧑🏼‍🚒 „Einsatz für den Waldbrandzug Landkreis Gießen – überörtlich“

Wetterdaten 18.00 Uhr Cölbe (ungefähre Brandausbruchszeit):

☀️ Temperatur: Tmax: 37 °C
💨 Wind: boig bis 35 km/h
💦 Luftfeuchte: 15%


Ein Erfahrungsbericht:

Am 19. Juli 2022 kam es während Erntearbeiten zu einem Brand in Cölbe – Schönstadt. Der genaue Ausbruchsort befindet sich in Hanglage mit südlicher Ausrichtung. Der Tag war hochsommerlich heiß mit Temperaturen über 37 Grad.

Begünstigt durch die Hanglage und -ausrichtung (hohe Brennstofftemperatur durch Einwirkung der Sonne), die vorherrschende Windgeschwindigkeit (Böen) von über 30 km/h (erhoben in Lahntal) und die bereits über einen längeren Zeitraum bestehende Trockenheit, konnte sich der Brand zügig bis in den angrenzenden Wald ausbreiten. Die Brandfläche wurde bei unserem Eintreffen auf eine Größe von ca. 27,5 ha beziffert.


Alarmierung:

Gegen 22.00 Uhr erfolgte die Alarmierung der Waldbrandkomponente Fernwald als Teileinheit des Waldbrandzuges LK- Gießen zum überörtlichen Einsatz nach Cölbe-Schönstadt.

Nach AAO beinhaltet die Waldbrandkomponente Fernwald als Führungsfahrzeug das MTW, das Löschgruppenfahrzeug LF 10 Kats (Personal und Ausrüstung), den GW- L (Sonderbeladung Waldbrand / Hygiene) der Ortsteilfeuerwehr Annerod und das Staffel-Löschfahrzeug als Wasserzubringer und Umschlagplatzbetreiber der Ortsteilfeuerwehr Steinbach.

Hintergrund:

Der Landkreis Gießen hat für das Einsatzstichwort „Waldbrand / Vegetationsbrand“ bereits vor 2 Jahren ein abgestimmtes, kreisweites Konzept umgesetzt. In dieser Form vermutlich einzigartig in Hessen. In diesem ist die Waldbrandkomponente Fernwald ein fester Bestandteil. Die Komponente rückt in einer Gesamtstärke 1/4/28 aus und ist in der Lage über 24 Stunden ohne externe Unterstützung (Verpflegung / Unterbringung) den zugewiesenen Einsatzauftrag umzusetzen.
Im Laufe des folgenden Tages kamen weitere Teileinheiten dieses Konzeptes an dieser Einsatzstelle zum Einsatz.

Bedingt durch die bereits lange anhaltende Trockenheit und die große Hitze waren die Einsatzfahrzeuge schon Tage zuvor mit der entsprechenden Zusatzbeladung ausgestattet worden, was die Rüstzeit nach der Alarmierung auf ein Minimum verkürzt hat. Lediglich zusätzliches Trinkwasser wurde verladen und das Personal entsprechend der längeren Verfügbarkeit eingeteilt.

Sammelplatz war das Feuerwehr-Gerätehaus in Staufenberg, dort wurde die Komponente durch 4 Wechselladerfahrzeuge der Landkreiskonzeptes Löschwasser mit je 10.000 Liter Wasser ergänzt. Die Fahrzeuge wurden zum Einsatz gebracht durch die Feuerwehr Lich, Linden, Buseck und Gießen.

Gemeinsam bildeten die Einheiten den waldbrandzug des Landkreis Gießen.

Bereits am Geräteaus Staufenberg fand eine erste Lageeinweisung der Fahrzeugführer statt. Wesentliche Einsatzinformationen wurden bereits durch den Kreisbrandinspektor Mario Binsch, der sich schon an der Einsatzstelle befand, übermittelt.

Kurzfristig wurden durch die Staufenberger Kollegen die für diesen Bereich nötigen Waldbrandeinsatzkarten dupliziert und an jedes Fahrzeug übergeben.

Der Marsch erfolgte im Zugverband in den Bereitstellungsraum nach Schönstadt.


Lage vor Ort:

Nach kurzer Vorstellung in der Einsatzleitung erfolgte die Zuweisung der Einsatzabschnitte und eine grobe Einweisung in die aktuelle Lage. Die Wechselladerfahrzeuge wurden zu diesem Zeitpunkt aus dem Zugverband ausgelöst und in einem anderen Einsatzabschnitt, zur Bildung einer unterbrechungsfreien Wasserversorgung, eingesetzt.

Durch den Abschnittsleiter „Wald“ erfolgte eine Lageeinweisung und die Formulierung des Einsatzauftrages im Einsatzabschnitt selbst. Die dort vorher eingesetzten Einsatzkräfte waren bereits größtenteils aus dem Einsatz herausgelöst worden.

Ein weiterer Löschzug, gestellt durch die Feuerwehr Fronhausen, wurde dem Einsatzabschnitt zugeteilt.

Das betroffene Waldstück war zu diesem Zeitpunkt mit Glutnestern übersäht, Temperaturen von bis zu 600 Grad herrschten auf und im Boden, offenes Feuer in einzelnen Bereichen erkennbar.

Durchführung der Nachlöscharbeiten lautete der Einsatzauftrag in diesem Einsatzabschnitt.

Parallel wurde eine Einsatzkraft als Taktik- Kommunikator in die Einsatzleitung abgestellt, was sich im Laufe des Einsatzes als extrem hilfreich und effizient herausstellen sollte. So konnten auftretende Problem, Einsatzschwerpunkte und daraus resultierende Maßnahmen zügig transportiert, erklärt und entsprechend beplant werden. Unter anderem fand hier auch die Planung der Luftunterstützung durch einen Hubschrauber der Landespolizei ab ca. 5.00 Uhr statt.


Durchführung der Nachlöscharbeiten, Problemstellungen im Einsatzabschnitt:

Bereits bei einer ersten kurzen Inaugenscheinnahme einzelner Bereiche des Einsatzabschnittes war klar, dieser Einsatz wird sich noch über einen längeren Zeitraum hinziehen. Der Waldboden musste fast flächendeckend mit Handwerkzeugen geöffnet werden, um an die Glutnester zu kommen. Diese hatten sich teilweise bis in eine Tiefe von 40 cm eingebrannt.
Durch den teilweisen Vollbrand und die bestehende Dunkelheit, hatte die Sicherheit für die Einsatzkräfte oberste Priorität. Einzelne Bäume waren bereits hohlgebrannt und umgestürzt, was für zusätzliche Probleme sorgte.

Als äußerst effizient zeigte sich die zusätzliche persönliche Schutzausrüstung der Waldbrandkomponente.
Ausgestattet mit Schutzhauben, FFP 2 Masken, Schutzbrillen und Helmlampen konnte zügig, ohne Aufbau von Beleuchtungsgruppen im Wald, mit der Arbeit begonnen werden. In anderen Einsatzabschnitten mussten die Stromkabel mit Arbeitsleinen an den Bäumen befestigt werden, da diese sonst durch die hohe Bodentemperatur durchgebrannt bzw. beschädigt worden wären.

Durch das Staffel-Löschfahrzeug wurde umgehend der Wasserumschlagplatz übernommen, um eine dauerhafte Versorgung des Einsatzabschnittes mit Löschwasser zu gewährleisten. Die Wasserlieferung erfolgte hierbei über Tanklöschfahrzeuge und Landwirte mit Güllefässern, die zu Anfang in einem anderen Abschnitt durch Verschmutzung zu etwas Problemen führte. Diese Probleme konnten aber zügig behoben werden. Die Landwirte waren uns in diesem Fall eine große Unterstützung, denn zwischenzeitlich wurden bis zu 40.000 Liter die Stunde in unserem Einsatzabschnitt auf die Fläche gebracht.

Nach einer umfangreichen Erkundung des Einsatzabschnittes war schnell klar, die Fläche braucht viel Wasser. Wasserrucksäcke wurde dann nur noch zur punktuellen Unterstützung eingesetzt, während mit D-Rohren und ordentlich Druck (mechanische Wirkung) die komplette Fläche großzügig gewässert wurde.
Oft war diese Wässerung aber nur von kurzem Erfolg und die Maßnahmen mussten mehrfach wiederholt werden.

In Absprache mit den Kräften aus Fronhausen fand eine Zweiteilung des Einsatzabschnittes statt. Dabei wurde jeweils von außen nach innen abgelöscht. Hierbei erfolgte die Wasserlieferung für den LZ Fronhausen durch eine andere Einsatzstellenpumpe. Währende diese im Laufe des Einsatzes getauscht werden musste und damit keine weitere Wasserabgabe mehr möglich war, wurde sämtliches Schlauchmaterial durch die Temperatur so beschädigt, dass die Schlauchleitungen nach wiedereinsetzender Wasserlieferung platzten.

Mit dem kombinierten Einsatz von viel Löschwasser und der mechanischen Bearbeitung des Waldbodens mittels Handwerkzeugen stellte sich zügig ein sichtbarer Löscherfolg ein.


Planung des weiteren Einsatzablaufes:

Nach Auswertung der Wetterprognose für den nächsten Tag, Temperaturen bis 38 Grad und Windgeschwindigkeiten bis 50 km/h, stand schnell fest, dass die Nachlöscharbeiten mit Sonnenaufgang intensiviert werden mussten, da sonst eine sehr hohe Gefahr des erneuten aufflammen des Feuers bestand. Hierzu wurden Schwerpunkte lokalisiert, festgelegt und daraus ein Entscheidungsvorschlag für die Einsatzleitung formuliert.
Der Einsatz eines Hubschraubers zur luftunterstützenden Nachlöscharbeit war hierbei ein wesentlicher Punkt.

Gegen 4.45 Uhr wurde durch einen Hubschrauber der Landespolizei ein Aufklärungsflug durchgeführt und kurze Zeit später mit dem Wasserabwurf an der linken Flanke begonnen. Hierzu wurden die Einsatzkräfte aus diesem Bereich zurückgezogen, da nicht auszuschließen war, dass durch das Wasser oder den Downwash des Hubschraubers beschädigte Bäume und Kronenteile umstürzen oder herausbrechen konnten.

Gegen 6.30 Uhr wurde der Einsatzabschnitt nach vorheriger Begehung und ausführlicher Übergabe an die Feuerwehr Ebsdorfer Grund übergeben und der Heimweg angetreten.


Zusammenfassung und Erkenntnisse:

Alle eingesetzten Kräfte haben bis zur vollständigen Erschöpfung gekämpft, um ein Wiederaufflammen am kommenden Vormittag zu unterbinden.
Hierbei hat sich das Konzept des LK Gießen und die technische Zusatzbeladung mehr als ausgezahlt. Das jahrelange Training der Waldbrandkomponente Fernwald hat hierbei alle Vorteile vereinigt und zügig zu einem positiven Resultat geführt.
Schon in der Nacht stand fest, dass die Komponente mit weiterer Schutzausrüstung für externe Kräfte ausgerüstet werden muss, um auch hier noch eine höhere Effizienz und Einsetzbarkeit zu erzielen. Mit der Umsetzung dieser Erkenntnis wurde bereits gestern begonnen. Der LK Gießen beschafft hierfür kurzfristig 100 zusätzliche Sätze erweiterte PSA, die durch die Komponente Fernwald mit an die Einsatzstelle gebracht und ausgegeben wird.

Die technische Ausstattung konnte während des Einsatzverlaufes seine kompletten Vorteile ausspielen, so waren zwischenzeitlich über 40 Handwerkzeuge eingesetzt, 10 davon verblieben für weitere Nachlöscharbeiten an der Einsatzstelle. Ebenfalls wurden größere Mengen an D-Schläuchen vor Ort belassen.

Auch der Taktik- Kommunikator, als Bindeglied zwischen Waldbrandkomponente und Einsatzleitung wird zukünftig ein fester Bestandteil werden, um etwaige Fragestellungen schnell erläutern und Entscheidungsvorschläge geben zu können. Dieser ist unabhängig von einem Fachberater zu sehen.

Wir bedanken uns bei den eingesetzten Einheiten, Landwirten und der Einsatzleitung für die gute Zusammenarbeit und stehen auch zukünftig gerne zur Verfügung, wenn Hilfe benötigt wird.